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Change
Competence: Vertiefende
Thesen
Inhalt:
1.
Grundlagen zu Wandel und Veraenderung
2.
Gedanken zum Phaenomen der Macht
3.
Der Neue Selbstaendige als moderner Sklave der Maechtigen
4.
Die Zerstoerung der sozialen Mittelschichten?
5.
Noch ein Beispiel und eine Anmerkung zum Machtphaenomen
6.
Ein wenig Historie zur Dynamik des Wandels
7.
Blick in die Zukunft: Globalisierung und Co - Fluch oder Segen?
1.
Grundlagen zu Wandel und Veraenderung
- Wandel und Veränderung
ist
meist schmerzhaft.
Es erfordert Lernen und ein Einstellen auf neue Gegebenheiten sowie
einen
Umgang mit Unsicherheit und Risiko.
- Je festgefahrener und tiefer
die
Gewohnheitsmuster
und je ausgeprägter die "Statusrechte", umso schwieriger ist es,
diese
"aufzutauen", zu verflüssigen und in neue Formen zu
transformieren.
- Die menschliche Natur ist,
was
Veränderung
betrifft, eher re-aktiv als pro-aktiv ausgerichtet, d.h. sie reagiert
bedarfsorientiert
auf von außen auferlegte Veränderungsnotwendigkeiten und
strebt
diese eher weniger von sich aus ohne äußeren Anlass an.
- Die "Nix ist fix"- und
"Alles
ist möglich"-These
bewirkt viel mehr Irritation und Verwirrung als Befreiung.
- Es ist eine Binsenweisheit,
inzwischen auch
"wissenschaftlich abgesichert", dass der Mensch eher nach
Stabilität
und Sicherheit tendiert und weniger nach Veränderung mit
Unsicherheit
und Risiko strebt. Das war auch stets sein vordergründiges
Bestreben
im Lauf der Evolutionsgeschichte: Eine gewisse Ordnung und Sicherheit
zu
finden bzw. zu schaffen im prinzipiellen Chaos von Kosmos und Welt.
Schlösser
und Burgen des Mittelalters zeugen ebenso von dieser Tendenz wie die
Bürokratiepaläste
der Gegenwart. Wander- und Reitervölker wie die Mongolen gab es
nur
temporär aus Lebenshaltungsgründen oder kriegsbedingt.
- Der Ruf nach mehr
Stabilität und Sicherheit
ist ja z.B. in Österreich bereits unüberhörbar. Er wird
zum Wahlkampfthema Nr. 1. Alle irritierenden und verunsichernden
Dynamiken
wie EU, Globalisierung, Firmenfusionen, Ausländer und Islamismus
sind
in der Bevölkerung einer aktuellen Umfrage zufolge stark negativ
besetzt.
- Dass den modern gewordenen
"Elefantenhochzeiten"
(Merger/Fusionen) mitunter auch eher kritisch begegnet wird, wurde
kürzlich
(Mai 2006) in Österreich am Beispiel OMV (Öl) und Verbund
(Wasserkraft)
demonstriert. Die beabsichtigte Mega-Fusion der beiden Energiegiganten
scheiterte letztlich am Veto der Landeshauptleute.
- Das gesamte menschliche,
gesellschaftliche,
staatliche und wirtschaftliche Leben ist auch offensichtlich auf
Regulierung,
Sicherheitssteigerung, Kontrolle der Umweltbedingungen, Berechenbarkeit
etc. ausgerichtet. Deshalb machen uns Irritationen, die wir nicht so
einfach
"unter Kontrolle" bzw. "in den Griff" bekommen können, wie z.B.
die
sogenannte "Globalisierung" oder andere Entwicklungstendenzen in der
Welt,
Angst.
- Auch der "risikofreudige"
Unternehmer oder
Anleger von Aktien strebt damit letztlich nach mehr Wohlstand,
Kontrolle
und Sicherheit. Alles andere wäre auch selbstschädigendes
Handeln.
- Interessant zu beobachten
ist
auch, dass der
Ruf nach mehr Beweglichkeit, Mobilität, Veränderungs- und
Risikofreude
vor allem häufig aus jenen Nischen schallt, die selbst am
sichersten
vor Veränderungsbedarf geschützt sind.
- Man muss auch bedenken, dass
"Mobilität"
ihren Preis und ihre (sozialen) Grenzen hat. Sie zerreisst Familien,
trennt
Väter von ihren Kindern, verhindert oder reduziert Sozialkontakte
usw. Und es zeigt sich, dass den Menschen ein balanciertes
Familienleben
immer wichtiger wird. Bereits 78 Prozent der Österreicher stellen
ihre Familie über die Karriere, d.h. sie wollen nicht mehr eine
"Karriere
um jeden Preis".
- Wenn im Rahmen der
Veränderung noch dazu
eine Verschlechterung der Bedingungen erwartet wird, dann ist es nur
natürlich,
dass man sich dagegen sträubt oder wehrt. Andererseits zeigt sich
aber, dass Menschen sehr wohl bereit sind, Restriktionen,
Einschränkungen
und "Verschlechterungen" in Kauf zu nehmen, wenn sie Sinn und
Notwendigkeit
erkennen können.
- Durch die weitreichenden und
immer dynamischeren
Bewegungen des sogenannten "Fortschrittes" werden selbst die bisher
stabilsten
Formen und Strukturen oft radikal in Frage gestellt und müssen
sich
- oft völlig überraschend - neuen Gegebenheiten anpassen oder
sie lösen sich eben auf oder werden von anderen Strukturen
absorbiert.
Man denke z.B. an das Arbeitsfeld der niedergelassenen Ärzte
(insbesondere
der Fachärzte) - plötzlich müssen auch diese sich
zunehmend
einem bisher völlig ungewohnten Wettbewerb (vor allem von Seiten
der
Ambulatorien und Krankenhäuser) stellen. Konflikte tauchen
unweigerlich
auf und die Frage des Werbeverbotes für Mediziner muss in neuem
Licht
diskutiert werden.
- Die meisten von uns haben das
Greißlersterben
miterlebt. Ihr Lebensodem wurde ihnen durch die mächtigen
Einkaufszentren
der Konzerne entzogen. 10 Prozent der Gemeinden in Oberösterreich
haben keinen Nahversorger mehr. Weitere 25 Prozent befürchten,
dass
auch ihre Greißler zusperren. Auch die Dorfgasthäuser
unterliegen
einem Sterbeprozess. Allein in Oberösterreich warfen im Jahre 2005
240 Wirte das Handtuch. In meinem Geburtsort im Mühlviertel, einer
2.000 Seelen-Gemeinde, hat sich die Zahl der Gaststätten innerhalb
weniger Jahre halbiert. Ein anderes Beispiel sind die Druckereien: Von
2001 bis 2005 hat in Oberösterreich jede zehnte Druckerei
zugesperrt.
2.
Gedanken zum Phaenomen der Macht
- Macht ist im Sinne von Max
Weber
jede Chance
auf Einflussnahme. In diesem Verständnis hat jeder Mensch Macht.
Jede
(Nicht-)Entscheidung, jede (Nicht-)Handlung hat in Beziehungssystemen
Auswirkung
auf andere, beeinflusst das System und ist damit Ausdruck von Macht.
Auch
die Verweigerung einer erwünschten oder erwarteten Handlung,
gelegentlich
auch als "Widerstand" bezeichnet, ist eine Ausdrucksform von Macht.
- Macht an sich ist weder gut
noch
schlecht.
Es sind ihre Ausdrucksformen und ihre Auswirkungen, ob sie sich mehr
von
der hellen oder von der dunklen Seite zeigt. Die helle Seite ist z.B.
legitimierte,
natürliche, offene Nutzung von Macht, die den anderen in seinem
Sein
respektiert und auf eine partnerschaftliche Ebene stellt. Die dunkle
Seite
zeigt sich z.B. in Form von Missbrauch, Manipulation,
Unterdrückung,
Ausbeutung. Die Übergänge zwischen hell und dunkel, die
Schattenseiten
der Macht sind fließend.
- Große
Veränderungen
haben selten
WIN-WIN-Charakter. Sie gehen immer mit einer Machtverschiebung einher -
es gibt Gewinner und Verlierer. Und Macht scheint kein inneres
Korrektiv
zu kennen - sie dehnt sich so lange aus, bis ihr von außen
Schranken
aufgezeigt werden. Die alte Aussage "Macht braucht Kontrolle" hat bis
heute
nichts von ihrer Bedeutung verloren.
- Unter dem Motto "Der Zweck
heiligt die Mittel"
werden mitunter auch jene die antreten, negative Auswüchse der
Macht
zu beschränken selbst zur Gefahr, wenn sie zu viel davon
schnuppern.
Manche Menschen, denen im Rahmen einer bestimmten Funktion eine gewisse
Macht verliehen wurde, unterliegen nur allzu leicht der
Verführung,
diese geliehene Macht für manipulative oder egoistische Zwecke zu
missbrauchen.
- Es ist wie die Theorie der
Dialektik sagt:
das Eine bringt das Andere hervor, bedingt es antagonistisch. Wenn es
nicht
zum Ausgleich, zur Balance kommt, dann wächst der Gegenspieler
über
seinen Verursacher hinaus bis er ihn schließlich verschlingt,
mitunter
auch sich selbst.
- Dem Ausspruch "Kapital kennt
keine Moral"
gilt es mit authentischen Gegenbeweisen zu begegnen. Was wir dazu an
verantwortlichen
Stellen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft für die Zukunft
brauchen,
sind weniger Fassadenmanager, Worthülsenrhetoriker,
Parolenschreier
und (Möchtegern-)Bonzen, sondern authentische, geradlinige
Menschen
mit Weitblick und Augenmaß, die Courage im Herzen tragen und
Veranwortung
für ihre Entscheidungen und ihr Handeln übernehmen.
3.
Der Neue Selbstaendige als moderner Sklave der Maechtigen
- Neuerdings werden unter der
"Alles ist möglich"-
These massenweise Menschen in Ausbildungssysteme gelockt, denen man die
großen Chancen in den "neuen Zukunftsberufen", etwa im
Gesundheits-
und Sozialwesen suggeriert. Sie finanzieren sündteure Ausbildung
um
als "Neue Selbständige" das große Los in der
Freiberuflichkeit
zu ziehen. In der Realität sieht das dann ganz anders aus: Nur
wenigen
gelingt es auf diesem Weg tatsächlich eine hinreichend
existenzfähige,
selbständige Bestandsgrundlage zu erklimmen. Denn mit einer
Ausbildung
allein ist der Hindernislauf in die Selbständigkeit noch lange
nicht
geschafft. Die Gewinner sind in den meisten Fällen einzig die
Ausbildungsanbieter,
die seit einigen Jahren massenweise wie die Schwammerl im feuchten
Herbstlaub
aus dem Boden schießen.
- Die Menschen, die ihr Heil -
freiwillig oder
unfreiwillig - in der "Neuen Selbständigkeit" suchen und die
zunehmend
einen neuen Stand in unserer Gesellschaft verkörpern - allein in
Österreich
schon hundert-tausende, fristen in der Regel als "freie Dienstnehmer"
ein
Dasein, das zwischen Arbeitslosigkeit (allerdings ohne
Arbeitslosengeld)
und Angestellteneinkommen pulsiert.
- Während die etablierten
"Mittelschichten"
über ein Jahrhundert gewachsene Lobbyingsysteme verfügen
(Kammern,
Gewerkschaften, Seilschaften etc.), die ein Bollwerk gegen Angriffe im
Sozialsystem bilden, ist der "Neue Selbständige" als "Ich-AG" ohne
jeden Rückhalt jeder Willkür der mächtigen etablierten
Systeme
ausgeliefert. Er kann als der moderne Sklave unseres Wirtschafts- und
Gesellschaftssystems
betrachtet werden. Nur äußerst intelligente
(Über-)Lebensformen
sichern seinen Bestand.
- Waren es früher die
Bauern
und Leibeigenen,
die von den Feudalherrn ausgebeutet wurden, so folgten später die
Arbeiter dem Diktat der aufsteigenden Klasse der Industriellen bis mit
Hilfe gewerkschaftlicher Organisationen eine gewisse Balance geschaffen
wurde. Heute sind es z.B. viele der sogenannten "Neuen
(Schein-)Selbständigen",
die ohne soziales Netzwerk und ohne jegliche (soziale) Sicherheit auf
Werkvertragsbasis
zu jeder Bedingung Dienste für mächtige Institutionen
verrichten.
- Die Arbeiterkammer kreidet
prekäre Arbeitsverhältnisse
mit "unselbständig Selbständigen" an und ist paradoxerweise
als
Eigentümer einer der mächtigsten Sozial- und
Bildungseinrichtung
im Lande gleichzeitig selbst ein kräftiger Treiber für die
von
ihr kritisierten prekären Dienstverhältnisse. Und das in
zweierlei
Hinsicht: Einerseits dadurch, dass diese Einrichtung ihre
Leistungserstellung
großteils von "freien Dienstnehmern" ausführen lässt,
die
sich zum Teil unter durchaus "prekären" (Honorar-)Bedingungen auch
noch selbst versichern und gewerblich aufstellen müssen. Das wird
als Bedingung für ihre werkvertragsmäßige
Beschäftigung
verlangt. Zum anderen bietet diese Einrichtung massenweise Ausbildungen
mit Zielrichtung der "(neuen) Selbständigkeit" an und fördert
auch damit massiv diese Art der (teilweise tatsächlich
prekären)
Erwerbsform.
- So bestehen heute in vielen
Organisationen,
prekärerweise gerade auch in arbeiterkammer- und
gewerkschaftsnahen
Sozial- und Bildungseinrichtungen, massiv divergierende Status- und
Einkommensverhältnisse.
Einerseits die fix Angestellten mit ihren arbeits- und sozialrechtlich
stabil abgesicherten und gewerkschaftlich überwachten
Gehältern
und Sozialleistungen und andererseits die von diesen Unternehmen
abhängigen
"unselbständig Selbständigen", deren vom Unternehmen
diktiertes
Honorar nach unten hin nur die natürliche Grenze "null" aufweist.
"Wir verhandeln nicht, wo kämen wir da hin."
- Es zeigt sich in der Tat,
dass
von den sogenannten
"freien Dienstnehmern" immer öfter Gratisleistungen gefordert
werden,
wenn sie weiter beschäftigt werden wollen, während die
Gehälter
der Angestellten kaum in Frage gestellt werden und die Direktoren mit
ihren
Stäben, wie auch die Bereichsleiter in diesen Einrichtungen ganz
selbstverständlich
ihre exquisiten Sonderverträge genießen. Geschützte
Nischen
auf Lebenszeit, die im Gegensatz zum Wirtschaftsmanagement kaum bedroht
sind oder Legitimationspflicht haben. Moderne Feudalherrschaft und
legalisiertes
Sklaventum im Lichte postmoderner Sozialstaatlichkeit.
- Eine Gepflogenheit in
solchen
Einrichtungen
besteht z.B. darin, dass man sich von Freiberuflern Projekte
ausarbeiten
und vorbereiten lässt, in dem Versprechen, dass sie dann im Rahmen
dieser Projekte Beschäftigung finden, etwa als Projektleiter oder
Referenten etc. Gelingen diese Projekte, so sind es
selbstverständlich
Produkte der Institution und der Freiberufler darf daran partizipieren.
Gelingt ein Projekt nicht, so ist das selbstverständlich das
Risiko
des Selbständigen. So kann man eine Einrichtung gut führen -
das Risiko bleibt stets außerhalb der Organisationsgrenzen. Wie
es
dem Freiberufler dabei geht, wenn er z.B. einige Dutzend oder gar
hundert
Stunden an Vorleistungen erbracht hat und das dann in den Kamin
schreiben
kann, interessiert dabei niemanden - außer dessen Familie, die
wieder
einmal nicht weiß, wie sie die nächsten Monate über die
Runden kommt.
- Oder es werden Projekte so
"scharf" kalkuliert,
dass der Overhead natürlich zu seinem nicht gerade bescheidenen
Anteil
kommt, aber für die ausführenden Freiberufler kaum mehr ein
existenzwürdiges
Einkommen verbleibt. Und wenn einer von ihnen Einspruch erhebt, bekommt
er zur Antwort: "Kannst eh wo anders mehr verdienen!" Oder: "Musst es
eh
nicht machen, wenn´s dir zu schlecht ist und wenn du was besseres
hast - es warten genug andere darauf!" Zynismus pur. Und in der Tat: es
findet sich immer jemand, der auf Sklavenarbeit angewiesen ist oder
dies
aus sonstigen Motiven macht.
- Eine andere Form der
Ausbeutung
besteht zum
Beispiel darin, dass es in manchen Einrichtungen en vogue geworden ist,
Freiberufler unter dem Motto: "Das ist Werbung für dich!" gratis
für
Referententätigkeit im Rahmen von Großveranstaltungen
(Symposien)
zu verpflichten. So kommt es vor, dass zwei Dutzend ReferentInnen
mehrere
Tage ohne Salär für die Institution arbeiten. Man sollte
meinen,
dass solche Veranstaltungen dann zumindest zum Selbstkostenpreis einem
gemeinnützigen Zweck zugute kommen. Weit gefehlt: Der Erlös
einer
solchen zu satten Marktpreisen verkauften Veranstaltung, die man sich
zusätzlich
noch von diversen (öffentlichen) Stellen sponsern lässt, geht
ausschließlich in den Erlössack der Institution. Kommerz am
Rande zur Mafia. Und brutale Wettbewerbsverzerrung zu ordentlich
honorierenden
Veranstaltern. Im Nimmersattverhalten kommt nun einmal das
Augenmaß
dafür, was angemessen ist und rechtens, allzu leicht aus der
Balance.
- Gelegentlich kommt es auch
vor,
dass man einem
jahrelang angestellten Dienstnehmer, mit dessen Output man nicht ganz
zufrieden
ist, einen "sanften Schubs" gibt in der Weise, dass man ihn vom Status
des Angestellten in den Status des abhängig Selbständigen
versetzt.
Man trifft damit zwei Fliegen mit einer Klappe: erstens löst man
damit
das vermeinliche "Motivationsproblem" auf elegante Weise und zweitens
spart
man sich die halben Personalkosten, insbesondere sämtliche
Sozialaufwendungen.
Subtile Formen des Machteinsatzes im gesetzlichen Graubereich, die
einiges
über die im Leitbild und nach außen hin so sozialbetonte
Kultur
dieser Unternehmen aussagen.
- Beginnt nun dieser
freigestellte
"neue Selbständige",
nachdem er sich im Zuge dieser Demütigung als Bittsteller mit
gesenktem
Haupt um Honoraraufträge hat anstellen müssen, sich
tatsächlich
auf die eigenen Beine zu stellen und selbst Kunden zu akquirieren, so
kommt
es vor, dass ihm seine "Mutterorganisation" die Rute ins Fenster
stellt:
Das könne er doch aus Loyalitätsverpflichtungen
gegenüber
der Organisation nicht machen, eigenständig Aufträge
anzunehmen
- er solle das doch über die Organisation abwickeln. Und
Schließlich:
man könne ja in diesem Fall auch gerichtliche Schritte in
Erwägung
ziehen. Davon nehme man aber doch aus sozialen Motiven Abstand. Wie
anständig.
- Man könnte es so
formulieren: Allein
der Umstand, dass sich diese Institutionen aus sozialen Töpfen
nähren,
geht nicht immer einher mit sozialem Handeln.
- Man kann davon ausgehen,
dass
eine Honorarkraft
bei gleicher Arbeitsleistung etwa das halbe Einkommen eines
Angestellten
bezieht. Von betrieblichen Sozialleistungen, wie Pensionsvorsorge etc.
einmal ganz abgesehen. Denn natürlich bekommt die Honorarkraft nur
die effektiv geleisteten Einheiten bezahlt. Jede Art von Ausfall und
"tote
Zeiten" gehen zu ihren Lasten. Nach Abzug der Betriebskosten,
Sozialversicherung
und Steuern kommen viele dieser "Neuen Selbständigen" auf ein
Einkommen
das unterhalb der gesetzlich definierten Armutsgrenze von 848 Euro pro
Monat liegt. Und diese Art von Selbständigen werden nicht als
Partner
sondern als Zuarbeiter gesehen und behandelt.
- So ist es eben: wo die Macht
zuhause ist,
dort (ver-)waltet sie auch. Wenn das Salär insgesamt knapper wird,
dann müssen halt zunächst die außerhalb der
Organisationsmauern
lebenden Systemerhalter "in den sauren Apfel beißen", ehe sich
der
innere Kreis von den "wohlerworbenen Rechten" etwas abzwackt. Auf eine
Formel gebracht: Je mächtiger, desto brutaler die Methoden.
- Es sei aber auch betont,
dass es
viele Ausnahmen
gibt im Unterschied zu jenen, die ihre Macht weidlich ausnützen
und
viele Unternehmen und Institutionen, die absolut wertschätzend und
partnerschaftlich umgehen mit ihren Honorarkräften!
4.
Die Zerstoerung der sozialen Mittelschichten?
- Die etablierten
Mittelschichten
und deren
Lobbysysteme sehen ihrerseits diesen Umstand des Wachsens der "Neuen
Selbständigen"
bedrohlich und als Gefahr der "Zerstörung der Mittelschichten",
wie
es der Soziologe Sergio Bologna beschreibt. Sie - vor allem die
Lobbysysteme
- haben Angst um den Verlust ihrer etablierten Pfründe.
- Angemerkt sei, dass diese
Lobbyinstanzen längst
nicht mehr allein im Dienste ihrer zwangsverpflichteten Mitglieder
stehen.
Sie betreiben selbst bereits riesige, konzernartige Unternehmen, die in
diesen geschützten Nischen seit Beginn der zweiten Republik
über
mehr als ein halbes Jahrhundert hinweg ungestört heranwachsen
konnten.
- Wer würde schon hinter
"(..xy..)-Personalexperten"
mit modernem Logo die Arbeiterkammer als Eigentümer vermuten? Oder
hinter einem weiteren Dutzend verschieden bunter Logos mit neutralen
Firmennamen,
eigenen Geschäftsführern und Rechtsformen? Hochintelligente
Schachtelsysteme
ganz nach Meisterschaft internationaler Konzerne. Man lernt wohl auch
ein
wenig voneinander - modernes Benchmarking wie man heute sagt.
Analoges
auf Seiten der Wirtschaftskammer. Auch die anderen Kammern werden nicht
ganz unbetucht sein - so etwa die Ärztekammer nicht ganz "zahnlos"
und die Bauernkammer nicht ganz "grundlos". Aber darüber
weiß
ich zu wenig. Jedenfalls sind diese Besitztümer gut getarnt und
für
den Durchschnittsbürger kaum durchschaubar. Nur hin und wieder
kommt
via "Skandale" ein wenig von diesen mächtigen, gut getarnten
Netzwerken
und Zu(sammen)gehörigkeiten ans Licht - so wie in jüngerer
Zeit
von seiten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes.
- Gelegentlich werden die
Logos
ein wenig adaptiert
und verschoben im Rahmen der internen Revierkämpfe. Und es ist
nicht
ganz unbedeutend, unter welchem Logo man thront, den diese Insignien
der
Macht drücken in ihrer Geheimsprache aus, auf wie viele Äste
man in dem verzweigten Gefüge Einfluss nehmen kann und wie
angesehen
man sich fühlen darf. Rituale der Macht.
- Grob gepeilt mag das
"Anwesen
Österreich"
so aufgeteilt sein: Etwa ein Drittel des Besitzes teilen sich Republik
(Bund, Länder, Gemeinden), Kammern und Gewerkschaften. Ein
weiteres
Drittel wird von den (internationalen) Konzernen bestellt und im
letzten
Drittel rackern sich die Klein- und Mittelunternehmen ab. Dazwischen
schwirren
frei fliegend die Kleinst- und Einzelunternehmer, die von den
abfallenden
Bröseln der obigen drei ihr Überleben fristen.
- Während die
mächtigen
Staaten der
Welt in der Nachkriegszeit und auch heute noch, mit Waffenarsenalen
aufrüsteten,
wurde der Besitz "Österreich" innerstaatlich zwischen den
"Sozialpartnern"
aufgeteilt und diese Besitztümer nach und nach weiter
"aufgerüstet".
Hat ja auch zu relativ konfliktfreien Zeiten beigetragen, solange die
Herrschaften
brüderlich geteilt haben. Jetzt wird´s halt auch für
sie
immer enger und enger. Trotzdem: wehe wer nicht auf der einen oder
anderen
Seite zugehörig ist - der hat es noch immer schwer im Staate
Österreich.
- Andererseits müssen
diese
Mächte
immer stärker erkennen, dass sie nicht nur zunehmend an
Macht
und Einfluss verlieren, sondern dass sie auch immer hilfloser werden im
Getriebe der Globalisierung und sowohl den Menschen in der
Leistungswelt
als auch den Betrieben in der Tat immer weniger helfen können bei
ihren realen Problemstellungen. Weil sie eben nicht mehr alles "im
Griff"
bzw. "unter Kontrolle" haben (können). Deshalb beginnen sie auch
verstärkt
zu kämpfen - weniger um Mitglieder, den die hat man sich
schlauerweise
zwangsgesichert (mit Ausnahme der Gewerkschaften), sondern vor allem um
andere Betätigungsfelder. Den auch ihre Organisationen bekommen
immer
mehr Effizienzdruck und müssen sich irgendwie auch "rechnen".
- Da diese Einrichtungen aber
nur
zu einem geringen
Teil Marktbedingungen ausgesetzt sind, und zum anderen Teil eben aus
Zwangsmitgliedschaften
und/oder öffentlichen Geldern finanziert werden, bieten sie
zunehmend
Zusatzleistungen, z.B. im Consultingbereich zu Preisen an, die extrem
wettbewerbsverzerrende
Wirkung haben und Freiberuflern ihre Existenz noch weiter
beschränken.
Freiberufler bräuchten eben auch "freie Marktbedingungen". Und die
sind nun einmal in Österreich mit seinen Kastensystemen
überhaupt
nicht gegeben. Die "Neuen Freiberufler" sind in diesem Land
außerhalb
der Kastensysteme stehende, relativ rechtlose - jedenfalls schutzlose -
den oberen Kasten weitgehend ausgelieferte Knechtschaften.
- Man braucht nur Augen und
Ohren
aufmachen:
Staats- und EU-weit wird gekämpft für die tradierten Systeme:
etwa für die Bauern, die (klassischen) Wirtschaftstreibenden, die
(klassischen) Arbeiter und Angestellten. Wer kämpft für die
"Neuen
Selbständigen"?
- Wer nicht einem etablierten
Kasterl zugehörig
ist, der hat nicht viel zu lachen hier in diesem Landerl. Außer
er
tritt einen Schritt zurück und betrachtet diese zwangsgeordneten
und
schön säuberlich getrennten Hühnerställe mit ihren
Kampf- und Pfauenhähnen und deren Drohgebärden und
(Macht-)Spiele
mit etwas Abstand. Dann kann er gelegentlich so manches Schmunzeln
nicht
ganz unterdrücken.
- Vertreter der sozial
etablierten
Mittelschicht
sprechen heute von einem gezielten Angriff und einer gezielten
Zerstörung
der Mittelschicht und zwar von außen. Sie übersehen dabei
gefließentlich,
dass die "Mittelschichtsysteme" ihren "Untergang" weitgehend selbst
programmieren,
indem sie im Kampf um die Erhaltung ihrer in einem halben Jahrhundert
"wohlerworbenen
Rechte", Sicherheiten und Machtstrukturen immer mehr Menschen aus ihren
Reihen hinausdrängen und andererseits gar nicht mehr hineinlassen.
So produziert sich dieser Stand seinen Schrumpfungs- oder
Zerstörungsprozess
gewissermaßen in Selbstorganisation.
- Denn eins haben die
Mittelschichteliten seit
Beginn der zweiten Republik gelernt: den stetig steigenden Wohlstand,
ihre
Sicherheiten und Machtstrukturen perfekt abzusichern. Mächtige
Bollwerke
an Kammern, Gewerkschaften, Seilschaften usw. stehen ihnen dabei zu
Diensten.
Alle zwei Jahre ein Biennalsprung im Gehaltsschema und entsprechende
Zugaben
wie zusätzliche Monatsgehälter, betriebliche Altersvorsorge,
Kur- und Erholungsurlaube usw. Wer würde von diesen
"wohlerworbenen
Rechten" schon gerne Einschränkungen in Kauf nehmen?
Schließlich
hat man sich´s ja auch verdient. Und eins haben diese
verwöhnten
Generationen mit Sicherheit nicht gelernt: sich zu bescheiden und zu
teilen.
Daher werden sie all das mit Zähnen und Klauen und allen
"Rechtsmitteln"
entsprechend verteidigen.
- Wenn die
Globalisierungswellen
Einschränkungen
erfordern sollten, dann wird das zunächst noch stärker auf
Kosten
der Schwächeren gehen. Das sind insbesondere einerseits die
MigrantInnen
und andererseits die neue, ungeschützte und rapide wachsende
Gruppe
der "Neuen (Un-)Selbständigen".
- Dass die
Hinausgedrängten
und die nicht
in den inneren Kreis, ins "Reich der Mitte" aufgenommenen,
ungeschützten
"Verselbständigten" sich notgedrungen verstärkt ihre eigenen
Lebens- und Existenzräume immer selbstbewusster erschaffen,
bewirkt
verständlicherweise bei manchen "Etablierten", die dadurch Angst
um
ihre Pfründe bekommen, eine gewisse Sorge und möglicherweise
auch Neidgefühle. Bislang und vermutlich auch in der nächsten
Zukunft, werden diese "Randgruppen" jedoch weiter und
verstärkt
die Sklaven der etablierten Gruppen sein.
- Aber in den "Randgruppen"
steckt
immer auch
Sprengkraft. Wenn sie eine kritische Masse erreicht haben und sich
dieser
Macht bewusst werden, wie das derzeit beispielhaft in den USA und in
Frankreich
geschieht, dann kann das Fass rasch einmal überkochen. Und gerade
Frankreich ist in Europa traditionell ein guter Nährboden für
Revolution.
- Denn eins lehrt uns die
Geschicht in aller
Deutlichkeit: keine soziale Schicht und keine Elite kann auf Dauer
allzu
massiv auf Kosten anderer leben: Die Pharaonenreiche der Antike
produzierten
damit ihren Untergang ebenso, wie die Könige und Burgherren des
Mittelalters.
Den Sklavenhaltern in Amerika wurden ebenso die Schranken aufgezeigt,
wie
den Arbeiterausbeutern des beginnenden Industriezeitalters. Die
kommunistischen
Bonzensysteme der jüngeren Zeit zerbrachen ebenso an ihrer
Absurdität
wie ... ??? (Setzen Sie selbst fort).
- "Panem et circenses", Brot
und
Spiele für
das Volk, lautete die Devise der altrömischen Machthaber. In der
Postmoderne
verschlechtert sich in Europa die Versorgung mit pane, gleichbedeutend
mit Arbeit als ihren bedeutsamsten Träger. Das geht einher mit
einer
steigenden Überflutung an Spielen und Spielchen aller Art. Shows,
Talk, Wetten, Preisausschreiben und Geblödel ohne Ende. Nicht nur
die Läden sind vollgestopft mit dem Zeugs, in dem vor allem die
Kinder
und Jugendlichen bereits ersaufen, auch dutzende Sender lullen uns 24
Stunden
am Tag mit Oberflächlichkeiten und Sinnlosigkeiten ein, die kaum
mehr
zu überbieten sind. Dazu penetrieren uns die im 20-Minuten-Takt
geöffneten
"Werbefenster" mit Skurilitäten, die zwar nichts mehr über
das
Produkt, aber alles über die Motivstruktur der Werbeveranstalter
und
die Seele des "postmodernen Konsummenschen" aussagen.
- Folgender Tipp ist in diesem
Zusammenhang
Goldes wert: Melden Sie Ihre Glotze ab und sparen Sie sich die Fernseh-
und Kabelanschlussgebühr! Nützen Sie die gewonnene Zeit und
das
ersparte Geld für Beziehungs- und Gesundheitsaktivitäten. Das
ist das Beste, was Sie tun können. Sie verpassen nichts und
gewinnen
viel: Zeit, Freiheit, Gesundheit - sich selbst finden und spüren.
- Der gesamt Jux- und
Werbemüll dient einer
gewaltsamen Ablenkung von der eigenen Wahrnehmung und einer
Verschleierung
der Realität. Ein permanenter gigantischer Totschlag von Zeit und
ein Beitrag zu einer massiven Verblödung unserer Gesellschaft. Nur
wenn beim eigenen Kind vom Arzt Asthma diagnostiziert wird oder bei der
Oma Alzheimer oder im Nachbarhaus ein Einbruch verübt wird, dann
hält
man kurz inne und schaut sich um: "Was für ein Saustall im
staatlichen
Gesundheits-, Sozial- und Sicherheitssystem!" Der Schuldige ist immer
im
Außen. Dann ist man gleich wieder im Tagesgeschäft, d.h. im
Zeitstress und in der operativen Hektik.
- Kein Wunder, dass der
Realitätsverlust
immer massiver wird und immer mehr Menschen - Jugendliche wie
Erwachsene
- immer größere Probleme im Umgang mit der sogenannten
"Realität"
bekommen. Würde man sich bewusst wahrnehmend und spürend ein
wenig umschauen in der Welt und im Gesellschaftssystem und
Verantwortung
für seinen Teil übernehmen, so würde einem vermutlich
einmal
kurz schwindlig werden - daher am besten rasch wieder hinein in die
Ablenkung
und in die Verdrängung!
- Die herrschenden Eliten
waren
stets Meister
der Verdrängung. So wird berichtet, dass das Bildnis der
"Totentanz"
des bekannten Künstlers Albin Egger-Lienz, in dem die schwere
Stimmung
in Wien vor dem 1. Weltkrieg Ausdruck fand, im Rahmen der
Eröffnung
einer Ausstellung von seiner Exzellenz, Erzherzog Ferdinand
gefließentlich
übersehen wurde obwohl es angeblich allein und unübersehbar
an
einer riesigen Wand hing. Und der Thronfolger - sein eigenes Schicksal
nicht ahnend - gab die Weisung, diesen Egger-Lienz bei offiziellen
Aufträgen
nicht mehr zu berücksichtigen. An solchen Gepflogenheiten hat sich
bis heute wenig geändert. In der Antike wurden die
Überbringer
schlechter Nachrichten geköpft. Heute werden sie "kaltgestellt".
- Wir, die sogenannte
"etablierte
Mittelschicht",
sollten selbstreflexiv und wach genug sein, um zu erkennen, ob wir
unseren
Wohlstand nicht allmählich zu stark auf Kosten anderer auskosten.
Eine Verdrängung der sozialen Fakten und ein sich Einigeln und
Abschotten
und die Suche eines äußeren Feindes hat letztlich immer
fatale
Konsequenzen. Das sollten wir aus der Geschichte gelernt haben.
5.
Noch ein Beispiel und eine Anmerkung zum Machtphaenomen
- Man könnte endlos
Beispiele
aufgreifen
die zeigen, wie Machtspiele laufen. Ein letztes Beispiel noch an dieser
Stelle: Nehmen wir die traditionsreichen Energieversorgungsunternehmen
(z.B. Öl, Gas, Strom). Während sie nahezu ununterbrochen
publizieren,
mit welchen Erzeuger- bzw. Lieferpreissteigerungen sie zu kämpfen
haben, und wie sehr sie sich doch darum bemühen, ihre Kunden davor
zu schützen, ist es in der Tat so, dass der Kunde mit einer
Preissteigerung
nach der anderen konfrontiert ist, während diese Unternehmen ihre
Reiche und Paläste ausbauen wie einst die Pharaonen im alten
Ägypten.
- An diesen tradierten
Monopolen
und Oligopolen
scheint auch der Wirbelsturm der Globalisierung wirkungslos
vorbeizuziehen.
Auch staatliche und wirtschaftspolitische Interventionsversuche
scheinen
wirkungslos abzuprallen. Vielleicht nicht zuletzt auch deshalb, weil
der
Staat nicht gerade unbescheiden an ihren Gewinnen mitschneidet. Und wer
beschneidet sich schon gern selbst? Oder gibt freiwillig Macht und
Einfluss
ab? - So wie die Landesfürsten mit ihren 51 Prozent-Anteilen bei
den
Energieversorgungsunternehmen schön fest halten.
- Sarkastischerweise
zementieren
und demonstrieren
diese Unternehmen nach jedem Interventionsversuch ihre Macht noch
deutlicher.
Die Macht dieser runderneuerten Dinosaurier scheint jedenfalls
ungebrochen
und sie haben gelernt, mit dieser Macht elegant zu spielen. Oder auch
relativ
brutal: Man denke etwa nur an die Tankstellenpächter, die
dermaßen
schmal gehalten werden, dass sie neben der Tankstelle schon quasi ein
Kaufhaus
führen müssen, um überleben zu können.
- Metapherhaft lässt sich
diese Machtdynamik
so darstellen, dass die neu-alten Dinosaurier ihr Macht feuerspeiend
immer
ungenierter ausspucken und ihre Rachen unersättlich erscheinen,
während
die freiberuflich Selbständigen wie Windhunde gar nicht mehr
schnell
genug hecheln können, um noch ein wenig Luft zu bekommen.
- Zum Schluss sei bemerkt: Es
handelt sich bei
diesen Machtdynamiken längst nicht mehr, bzw. in den seltensten
Fällen,
um persönliche Machtspiele. Vielmehr sind es
größtenteils
zutiefst organisationsstrukturelle und wirtschaftsdynamische Prozesse,
unbewusste Rituale etc., die von einzelnen Personen nur sehr begrenzt,
wenn überhaupt, beeinflusst werden können. Deshalb geht es
auch
hier nicht um "Schuldsuche" oder "Anklage", sondern um das Bemühen
einer Bewusstmachung von Wirkmechanismen und Dynamiken und deren
Auswirkungen
auf menschliche Existenzbedingungen.
- Es sind in diesem Sinne
sozusagen geronnene
Lern- und Entwicklungseffekte von Organisationen in ihrem Streben nach
Sicherheit und Stabilität. Machteinsatz ist eben auch "nur" Mittel
zu einem angestrebten Zweck bzw. Ziel. Und Organisationen bzw.
Institutionen
sind weitaus mächtiger als "freie" Einzelkämpfer. Deshalb
werden
auch, wie modernen Zukunfts-, Wissensmanagement- und
Organisationsforscher
behaupten, nicht Einzelhirsche (= selbständige Einzelkämpfer)
auf den zukünftigen Existenzweiden grasen, sondern gut und lernend
organisierte Herden (= organisierte bzw. institutionalisierte
Sozialsysteme).
Einzelhirsche werden sich zukünftig nur in Sondernischen, in
Bergtälern
und Schluchten etc. finden, an denen die organisierten Herden kein
Interesse
haben. Das prächtige Weideland der saftigen Prärien wird
deren
Heimat sein.
- Große, lukrative
Aufträge werden
ausschließlich zwischen Organisationen (Institutionen und
Unternehmen)
gehandelt. Wie sollte auch ein kleiner Einzelunternehmer etwa an
EU-geförderte
Projekte herankommen? Falls er überhaupt den Dschungel des
Ausschreibungs-
und Bewerbungsdickichts durchdringen könnte, wäre er bei der
Abwicklung und den damit verbunden Bedingungen und
Dokumentationsaufwendungen
heillos überfordert. So bleiben ihm bestenfalls die kleinen
Peanuts
an denen die Mächtigen kein Interesse haben. An die fette Beute
kommt
er nie heran.
- Die verstärkte
Institutionalisierung
aller Lebensbereiche zeichnet sich an vielen Beispielen bereits
deutlich
ab. Etwa in der Institutionalisierung der Psychotherapie, die den
"freien"
Therapeuten immer stärker den Nährboden entzieht. Auch in der
Zentralisierung medizinischer Leistungen, die die Einzelpraxen immer
mehr
ausdünnt. Oder auch im Feld der Organisationsberatung: Dieses Feld
wird zukünftig vor allem von den Beratungsfirmen bestimmt, da
diese
viel eher die Komplexität von Unternehmen abbilden und verarbeiten
können als Einzelberater. Bestenfalls intelligent organisierte
Berater-Netzwerke
haben hier noch eine gewisse Chance.
- Den unsere Zukunft ist die
Wissensgesellschaft.
Nur wer sich so aufstellt und organisiert, dass er das Wissen,
das
in seinem Bereich erforderlich ist, ständig up to date halten,
bündeln,
aktivieren und nutzen kann, wird sich gut behaupten können im
zukünftigen
Wettbewerb. Und da sind in der Regel intelligent organisierte, lernend
Systeme gegenüber Einzelkämpfern entschieden im Vorteil.
6.
Ein wenig Historie zur Dynamik des Wandels
- Blättert man in der
Geschichte ein paar
Seiten zurück, so wird rasch deutlich, dass wohl kaum eine
Generation
vor uns - mit "uns" meine ich die Nachkriegsgeneration(en), so lange
und
viel an Stabilität, Sicherheit und ständiger Verbesserung der
Lebens- und Arbeitsbedingungen erlebt hat wie wir.
- Sicher war auch in der
Nachkriegszeit das
Leben noch hart. So erlebte ich selbst im Rahmen meiner Lehrzeit in den
1960er Jahren noch eine 66-Stunden-Arbeitswoche. Gearbeitet wurde von 6
Uhr früh bis 6 Uhr abends mit einer Stunde Mittagspause - und zwar
6 Tage die Woche. "Gott sei Dank" war der Sonntag noch heilig. Zwar gab
es offiziell schon die 45 Stunden-Woche, aber diese Regelung wurde nur
in den großen Unternehmen tatsächlich gelebt. In Klein- und
Kleinstunternehmen (Familienbetrieben) wurde (und wird) noch wesentlich
länger gerackert. Dennoch konnten stets Verbesserungen in allen
Lebensbereichen
registriert werden - und vor allem: es gab Hoffnung und Zuversicht in
die
Zukunft.
- Zwar gab es auch in dieser
Zeit
gewisse "Einbrüche"
und Restriktionen - man denke etwa an die sogenannte "Ölkrise" im
Jahr 1973, die "zufällig" ein Jahr nach dem Bericht des "Club of
Rome"
über die "Grenzen des Wachstums" (1972) auftrat. Es gilt heute als
erwiesen, dass sie künstlich herbeigeführt wurde, um die
Rohölpreise
gewaltig in die Höhe zu treiben. Die OPEC ließ ihre Muskeln
spielen und verkündete den Ölboykott. Die Industrienationen
Europa
und Amerika reagierten mit Panik. Autofreier Tag,
Treibstoffrationierung,
Geschwindigkeitsbegrenzung für Kraftfahrzeuge, Appelle zur
Raumtemperatursenkung,
Energieeinsparung usw. Schlagartig wurden die
Abhängigkeitsverhältnisse
bewusst und der Kampf ums "schwarze Gold" dauert bis heute an.
- Der Ölschock gebar ein
neues politisches
Bewusstsein: Eine gewisse Wachstums-Skepsis breitete sich aus nach den
Zeiten ungebremsten Aufschwungs und überschäumenden
Hochkonjunktur-Optimismus.
Begriffe wie Ökologie, soziale Gerechtigkeit und die "small is
beautiful"-These
von Ernst Friedrich Schuhmacher wurden Teil des politischen Diskurses.
Auch erwachte erstmals ein tiefes Bewusstsein für die Menschen der
"Dritten Welt".
- Der Ölkrise
folgte
auch wieder
eine gewisse "Sockelarbeitslosigkeit", wie auch der "Stahlkrise" in den
1980er Jahren. Dennoch sind wir sozusagen über ein halbes
Jahrhundert
hinweg vergleichsweise extrem verwöhnt worden.
- Bis nach dem 2. Weltkrieg
hingegen gab es
kaum eine Generation, die nicht innerhalb ihres Lebenszyklus
gravierende
Veränderungen zu meistern hatte. Meist waren diese
Veränderungen
mit ausgeprägter Dramaturgie verbunden.
- Man braucht nicht weit in
der
Geschichte zurückblättern:
Man denke etwa an die Befreiung der Bauern aus dem Joch der
Feudalherrschaft,
der Erbuntertänigkeit und der Knechterei - gerade mal 150 Jahre
her.
Oder an den darauffolgenden Siegeszug der Industriealisierung ab der
zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts mit all dem Leid der versklavten
Arbeiterschaft,
und an die Aufstände der Arbeiter und ihre Vereinigung in
gewerkschaftlichen
Organisationen zu Beginn des 20. Jhdts. "Alle Räder stehen still,
wenn dein starker Arm es will."
- Dann das Drama des ersten
Weltkrieges. Der
Wandel von der Monarchie zur Demokratie. Danach die Zeit der
Weltwirtschaftskrise
mit Hyperinflation und Hyperarbeitslosigkeit. Der Aufstieg Hitlers und
des Nazi-Regimes mit der Katastrophe des zweiten Weltkrieges und als
"Zugabe"
zehn Jahre Besatzungsmacht. Darüber hinaus der Aufbau des
"Eisernen
Vorhangs" und der Beginn des "Kalten Krieges" zwischen Ost und West.
- Eine Dramaturgie ging in die
andere über.
Und das innerhalb weniger Generationen. Unsere (Groß-)Eltern
haben
die Krise der Weltwirtschaft und den 2. Weltkrieg durchlitten; unser
(Ur-)Großeltern
die Reste der untergehenden Monarchie und den 1. Weltkrieg; unsere
(Ur-)Urgroßeltern
haben noch die Ausläufer der Feudalherrschaft mitbekommen und den
"Aufschwung" der Industriealisierung erlebt.
- Leicht hatten es die
Generationen vor uns
sicher nicht. Wenn nicht gerade Krieg war, dann eben sonst ein
wirtschaftliches
und/oder soziales Desaster. Die sogenannte "gute alte Zeit" ist wohl
eher
so etwas wie eine romantische Verklärung der Vergangenheit als
eine
Realität.
- Und nur eine Lehre
lässt
sich mit Sicherheit
aus der Geschichte ziehen: Nichts bleibt, wie es war.
Die
Zeit entstellt alle Lebewesen. Ein Hund bellt. Er kann nicht lesen. Er
kann nicht schreiben. Wir können nicht bleiben (Ringelnatz).
7.
Blick in die Zukunft: Globalisierung und Co - Fluch oder Segen?
- Was jetzt auf uns zukommt,
ist
wohl viel weniger
dramatisch, aber doch in gewisser Weise ungewohnt und herausfordernd.
Ein
Thema, das uns sicherlich noch stärker fordern wird, ist die
Globalisierung.
Schon Karl Marx und Friedrich Engels haben vor rund 150 Jahren in ihrem
Kommunistischen Manifest bemerkt, dass der Kapitalismus gezwungen sein
wird, sich um den gesamten Erdball zu wälzen. In diesem Punkt
haben
sie recht behalten, in allen anderen scheinen sie widerlegt.
- "Unser Job besteht darin,
eine
starke Gegenwehr
gegen unternehmerisch beabsichtigte Veränderungen einzunehmen,
denn
diese sind immer zum Nachteil der Arbeitnehmer", sagte mir ein
Gewerkschaftsfunktionär
in den 1980er Jahren. Nun, da hat sich doch wohl (hoffentlich)
inzwischen
einiges geändert an solchen Haltungen. Denn die Aufgabe von
Gewerkschaftern
besteht heute längst nicht mehr nur darin, einfach dagegen zu
sein,
sondern sehr wohl auch darin, Verantwortung für gangbare Wege und
Lösungen aus den sich stellenden Problemen mit zu übernehmen.
- Die sogenannte
"Globalisierung"
(zunehmende
Vernetzung der Menschen und Volkswirtschaften) ist sicher einer der
zentralen
Auslöser dafür, dass wir wieder verstärkt lernen
müssen,
uns neuen und geänderten Bedingungen und Spielregeln zu stellen.
- Noch dazu, da sich in diesem
Zusammenhang
zwei bisher im Dämmerschlaf befindliche Mächte - der Drache
China
und der Tiger Indien, erheben und mit je einer Milliarde Menschen am
Global
Play des Wettbewerbes, am sogenannten "Fortschritt", beteiligen werden.
Menschen die ähnlich wie bei uns die Arbeiterschaft im 19. Jhdt.
nichts
zu verlieren haben und die zu allem bereit sind.
- Wir hingegen haben
anscheinend
viel zu verlieren
(Wohlstand, Sicherheit) und sind (noch) wenig bereit für das
Risiko
des Neuen.
- Andererseits zeigt sich aber
doch an vielen
Beispielen, dass wir rasch lernen und uns flexibel auf neue
Constraints,
Bedingungen und Spielregeln einstellen können. Diese
Fähigkeit
gilt es zu fördern und zu stärken sowie unter neuen
Bedingungen
Chancen zu erkennen und zu nutzen.
- An einer wirtschaftlichen
Realität kommen
wir jedenfalls nicht unberührt vorbei: Die sogenannten
"Schwellenländer"
- eben China und Indien, aber auch Russland, Mexiko und die
Türkei,
werden einen immer größeren Anteil an der gesamten
Weltwirtschaftsleistung
erbringen und ihre Kaufkraft enorm steigern. Ihre Wirtschaftsleistung
wird
bis 2030 jene der derzeit (noch) führenden Industrienationen
bereits
deutlich übersteigen. Die USA wird auf den zweiten Platz und der
alte
Kontinent Europa auf den dritten Platz zurückfallen. Asiens Anteil
an der Weltwirtschaft wird von 35 auf 43 Prozent ansteigen.
- Dies allerdings unter der
Voraussetzung, dass
es, insbesondere in China, nicht zum Öko-Gau kommt. Denn das
einseitige
pushen von Wirtschaft und Industrie ohne Rücksicht auf Verluste in
anderen Bereichen, hat insbesondere in der Ökosphäre ihren
Preis
(z.B. 40 Prozent steigender CO2-Ausstoß). Luft, Wasser, Boden und
Nahrungskette werden in einem Ausmaß verseucht, dass es in der
Tat
zu wahren Seuchen kommen kann.
- So wie allgemein betrachtet,
die
Ökosphäre
ein limitierender Faktor für den sogenannten "Fortschritt" sein
wird.
Besonders in den Boomländern wird es einen gewaltig zunehmenden
Umwelt-
und Rohstoffverbrauch (z.B. Seigerung der Ölnachfrage um über
50 Prozent) geben. Nicht nur die Grenzen mancher Rohstoffe sind
absehbar.
Auch - und vor allem - die Grenzen des Erhalts des natürlichen
Lebensraums.
Nicht nur, dass mehr als ein Fünftel der Weltbevölkerung
unter
Hunger und extremen Trinkwassermangel leidet, es werden auch zunehmend
mehr Umweltkatastrophen (Orkane, Hitzeperioden, Überschwemmungen
etc.)
selbstgemacht. Etwa durch Treibhausgase, Regenwaldvernichtung usw.
- Auch Gentechnik und
Atomkraft
scheinen nicht
gerade die glückverheißensten Lösungen für die
Probleme
der Welt zu sein. Gerade in jüngerer Zeit wurden wieder
Tatsachenberichte
publik, dass Genfutter katastrophale Auswirkungen auf die
gefütterten
Tiere hat bis hin zu deren Verendung. Und damit auf die Nahrungskette.
- Der "ökologische
Fussabdruck", eine Berechnungsmethode
für den Umweltverbrauch auf der Erde gibt Auskunft darüber,
wie
viel Fläche unser Lebensstil verbraucht. Das Maß wird dabei
in Quadratmetern angegeben. Wäre etwa der österreichische
Fussabdruck
Standard für die ganze Welt, so würden wir zweieinhalb
Planeten
benötigen. Die USA verbrauchen sechs Planeten. Noch überleben
wir - massiv auf Kosten anderer. So verbrauchte China bisher 0,9
Planeten
und Bangladesch 0,3. Aber auch dort beginnt der Verbrauch an Umwelt
jetzt
dramatisch zu steigen. Dass damit die Zerstörung der Erde
vorprogrammiert
ist, liegt auf der Hand. Wir haben hier unübersehbar einen
massiven,
dringenden Lern- und Handlungsbedarf. Aber unser Verhalten ist noch
immer
wie das der drei symbolhaften indischen Affen: nichts hören,
nichts
sehen, nichts reden.
- Dazu kommt, dass die
Weltbevölkerung
wächst und wächst. In den nächsten Jahren von derzeit
6,3
auf 7,4 Milliarden Menschen. 1972 definierte der Club of Rome die
sinnvolle
Grenze der Bevölkerung auf diesem Planeten bei 5 Milliarden. Diese
wachsende Menschheit wird den Kampf um Lebensräume und
Existenzbedingungen
sicher noch schärfer anheizen.
- Der Run der (illegalen)
Einwanderer aus den
"Dritte-Welt-Ländern" in die (bevölkerungsmäßig
schrumpfenden)
Länder der "Reichen" hat längst eingesetzt und nimmt immer
massivere
Formen an. Die USA werden von einer Menschenflut aus Lateinamerika
gestürmt
und greifen bereits nach typisch US-amerikanischer Art zu
militärischen
Abwehrmitteln - etwa an der Grenze zu Mexiko. Der Bau eines eisernen
Vorhangs
hat begonnen. Erinnerungen an den kalten Krieg der Weltmächte und
an den Bau der chinesischen Mauer kommen hoch. (US-)Amerika beginnt
sich
vor (Latein-)Amerika zu schützen. Abwehr der Reichen vom Elend der
Armen.
- Auch in Europa zeigt die
Völkerwanderung
des globalen Zeitalters ihre Wirkung. Sie kann hier noch mit relativ
"normalen"
Rechtsmitteln und Sicherheitsvorkehrungen abgewehrt werden. Die Frage
ist:
wie lange? Und: reicht diese Art von Lösungsbemühungen? Denn
Globalisierung bedeutet auch, dass sich keine Gesellschaft und
Volkswirtschaft
mehr völlig abschotten kann von den Lebensbedingungen und
Entwicklungstendenzen
in anderen Erdteilen.
- Allein in Nordafrika warten
rund
2,5 Millionen
Menschen in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf die Gelegenheit
nach
Europa zu gelangen. Und sie nehmen dabei jedes Risiko auf sich. Allein
im vergangenen Winter (2005/2006) sind 1.300 Todesopfer dokumentiert
(die
Dunkelziffer dürfte ein Vielfaches betragen), die in Nussschalen
aufgebrochen
sind um über den Atlantik die Festung Europa zu erreichen und die
mit ihrer Sehnsucht und ihrer Hoffnung auf ein besseres Leben in den
Wellen
des Atlantik untergegangen sind.
- Allein auf den Kanaren
(Spanien
/ EU-Territorium)
sind in den letzten Monaten (Jänner bis Mai 2006) etwa 8.000
Flüchtlinge
auf diesem Weg gelandet (besser gesagt "gestrandet"). Sie nehmen jedes
Risiko auf sich um dem Elend in ihrer Heimat zu entfliehen. Der
Unterschied,
ob sie dort verhungern, verdursten oder an korrupten Regimes kaputt
gehen
oder ob sie im Atlantik ertrinken, ist nicht mehr so wesentlich. Was
zählt
ist der Strohhalm der Hoffnung auf ein besseres Leben.
Rettungskräfte
und staatliche Institutionen sind hoffnungslos überfordert.
- Mit
Satelitenaufklärung,
Militärhubschraubern/Flugzeugen
und Patroullienschiffen will man zukünftig den Strom der
Hilfesuchenden
Einhalt gebieten, indem man sie noch auf dem Meer zur Umkehr bewegen
will.
Damit wird sich möglicherweise der Anteil derer die weder ihre
Heimat
noch das ersehnte Europa jemals (wieder) sehen werden nochmals
erheblich
vergrößern.
- Es ist schon beachtenswert,
dass
wir offensichtlich
viele Visionen und Strategien dafür haben, wie man die Dividende
von
globalen Unternehmen und Konzernen von 10 auf 15 Prozent steigern kann,
aber kaum welche dazu, wie man das globale existenzielle Elend dieser
Welt
reduzieren kann. Es gibt sie wahrscheinlich schon, aber kaum jemand
befasst
sich ernsthaft damit.
- In Indien ist der neue
Wirtschaftsboom weniger
ressourcen- und umweltverschlingend wie in China, da dort die
Entwicklung
wesentlich stärker auf High Tech (IT Branche) basiert. Der
wachsende
High-Tech-Markt hat nicht nur bereits das kalifornische Silicon Valley
überholt, er zieht auch immer mehr Menschen von Europa nach Indien
um dort als Gastarbeiter, etwa in Kommunikationszentralen zu arbeiten.
Dortige Call-Center benötigen deutschspachige Mitarbeiter.
Während
noch vor wenigen Jahren die High-Tech-Experten von Indien nach Europa
drängten,
kommt es jetzt bereits zu einem massiven Trendumkehr. Laut Studien hat
der indische Wirtschaftsboom bis 2010 einen Bedarf von 160.000
Mitarbeitern,
die außer Englisch eine zweite Sprache beherrschen.
- Es ist deutlich sichtbar,
dass
Indien als
einstiges "Dritte-Welt-Land" mit einer Milliarde Menschen dabei
ist,
aus eigener Kraft den Hunger zu besiegen und als Asiens jüngster
Wirtschafts-Tiger
gilt.
- Solange wir diesen
Weltwirtschafts-Entwicklungen
nur mit Angst und Sorge begegnen, solange haben wir ein Problem. Wenn
wir
uns diesen Herausforderungen aktiv stellen und die darin liegenen
Chancen
erkennen, dann tun sich für uns neue Möglichkeiten auf. Denn
man kann davon ausgehen, dass das Wirtschaftswachstum der "neuen
Staaten"
eine entsprechende Partizipation der "alten Wirtschaftsmächte"
bedingt.
- Der wachsende Wohlstand in
den
Wachstumsmärkten
wird zweifellos auch mit einem explosiven Wachstum an neuen
Käufermärkten
einhergehen. Es zeigt sich, dass gerade österreichische Firmen es
sehr gut verstehen, globale Nischen zu besetzen und dort auch
Marktführer
zu werden.
- Eine Forderung der Vernunft
wird
es sein,
das radikale "Shareholder-Value-Konzept" (im Sinne von A. Rappaport),
das
rein auf den Marktwert des Unternehmens abzielt und letztlich eine
Radikalisierung
der Globalisierung bewirkt, in eine Balance zum Gegenkonzept des
"Stakeholder-Value"
(Bedachtnahme auf weitere Unternehmens-Interessens-Gruppen) zu bewegen
um unkontrollierte Auswüchse der Globalisierung zu bremsen. Mit
der
Einführung von Balanced-Scorecard-Konzepten in die
Unternehmenssteuerung
scheint sich auch eine gewisse Richtung dahingehend abzuzeichnen.
- Der Mut zur
Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen
kann in diesem Zusammenhang eine durchaus bedeutsame Rolle
zukommen.
- Aus meiner Sicht ist
jedenfalls
"Lernen" in
Verbindung mit "Augenmaß" d.h. mit Vernunft und Ethik, der
zentrale
Faktor für gelingende Veränderung. Und "gelingende"
Veränderung
bedeutet für mich, dass sie einen (Weiter-)Entwicklungsaspekt
beinhaltet
und keinen Rückschritt. Und zwar für den Menschen und die
Sozietät,
die Gesellschaft. Denn die Wirtschaft soll der Gesellschaft dienen und
nicht umgekehrt.
- Vor allem sollten wir
lernen,
dem natürlichen
Menschen (Homo sapiens) gerecht zu werden und nicht der fiktiven
Gestalt
des Homo oeconomicus, denn der Mensch ist doch wohl nicht dazu
geschaffen,
um seinem Roboter zu dienen.
- Anhand der eigenen,
inzwischen
40jährigen
Berufsgeschichte konnte ich immer wieder die Erfahrung machen, dass
sich
mein Prinzip, ständig an einem berufsbegleitenden Aus- oder
Weiterbildungsprozess
teilzunehmen, bis heute bewährt hat. So konnte ich bisher bereits
mehrere, zum Teil ganz unterschiedliche Berufswege erfahren ohne jemals
eine Form von Stagnation zu erleben. Und schließlich erfolgreich
den Weg in die Selbständigkeit finden und mich von
"Abhängigkeiten"
befreien. Dieser Weg ist noch lange nicht zu Ende - es gibt noch viel
zu
erkunden.
- Weiters ist für mich
der
Erhalt von körperlicher,
seelischer und geistiger Fitness eine zentrale Bedingung für
erfolgreiche Veränderung. Wenn Körper und Geist erschlaffen,
fehlt die Spannkraft, die es braucht, um Neues aktiv zu erproben - dann
wird Wandel und Veränderung mühsam und zur Last.
Auch
wenn sich die Welt dreht, braucht man deswegen noch nicht seekrank zu
werden
(Svevo).
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